Die Weltumseglung der „RAROIA“

Datum: 23.08.1999; Ressort: Berliner Zeitung – Lokales; Autor: Jens Blankennagel
 

In vier Jahren um die Welt

Ein Berliner Paar segelte 40 000 Seemeilen über die Ozeane

Vor Ueckermünde kreuzen 35 Yachten, geschmückt mit bunten Flaggen. Auf einer spielen Blasmusiker auf. Es ist Sonnabend, der 14. August, 16 Uhr. Am Horizont tauchen die geblähten Segel der „Raroia“ auf. Sie tragen die Heimkehrer bis an den Steg im Hafen.

 ankunft

Die Heimkehrer, das sind der 32-jährige Berliner Sven Helm und seine 28-jährige Freundin Annett Heydemüller. Sie waren genau 49 Monate und zwölf Tage auf See. Das Paar segelte einmal um die Welt ökologisch vorbildlich und ohne sich zu trennen. Sven und Annett sind die ersten, die für die 40 000 Seemeilen (76 000 Kilometer) keinen Tropfen Treibstoff brauchten. Der kleine elektrische Hilfsmotor ihres fünf Tonnen schweren Stahlschiffes wird nur von Solarzellen und einem Windgenerator angetrieben. Sie erzählen von selbst gebackenem Brot, von Vollmondnächten an Deck und auch von Stürmen, bei denen sie sich fragten: Warum sind wir nicht zu Hause im trockenen Zimmer geblieben. Beide sind Elektroniker und lernten sich beim Studium in Thüringen kennen. Sie erfüllten sich einen Traum. „Es ist nicht selbstverständlich, dass Paare, die zusammen los segeln, auch als Paar wiederkommen“, sagt Annett. Auf der neun Meter langen „Raroia“ teilten sie sich vier Jahre lang eine drei Quadratmeter große Kajüte und eine nur 80 Zentimeter breite Koje. „Einer musste ja nachts auf Deck Wache schieben“, sagt Sven. „Wir wechselten uns dabei alle drei Stunden ab.“

Sie haben immer an Bord geschlafen. Auch in den vielen Häfen, in denen sie über die Hälfte der Reisezeit verbrachten. Bis zu drei Monaten waren sie ununterbrochen auf See. „Wir kennen uns heute wohl besser als manches Ehepaar nach Jahrzehnten“, sagt Annett. Streit gab es auch. Zum Beispiel, wenn es um bestimmte Routen ging. „Frauen sind ein bisschen ängstlicher“, sagt Sven. Auf der Reise rund um die Welt mussten sie öfter als erwartet ihr Schiff reparieren. Ansonsten scheinen die beiden gut geplant zu haben. Sven erzählt von jahrelangem Sparen für die Reise, von einer Funkausbildung, Bootsumbauten und von seinem liebsten technischen Spielzeug dem Elektromotor. Mit 600 Mark wollten sie pro Monat auskommen. Sie schafften es. Sven verdiente unterwegs auch Geld. Er half anderen bei der Reparatur ihrer Yachten. „Ein Elektroniker ist begehrt, besonders am Ende der Zivilisation im Pazifik.“

In nächster Zeit wollen Sven und Annett an Land bleiben. „Wir versuchen, einen Job zu finden“, sagt Sven. Er hat schon Angebote von Bootsbauern. „Sogar aus Kanada.“ „Die beiden haben sich kaum verändert“, sagt der Chef des Ueckermünder Yachtclubs, Peter Müller. Wieder an Land, bestellten sie sich erst mal ein Bier. Und trinken, wie eh und je, aus einem Glas.

WELTUMSEGELUNG Energie aus Solarzellen // Das Segelschiff „Raroia“ des Berliner Paares Sven Helm und Annett Heydemüller ist das erste Schiff, das die Weltumrundung ohne Treibstoff schaffte. Das Schiff ist mit einem elektrischen Hilfsmotor ausgerüstet, der seine nötige Energie lediglich aus Solarzellen und einem Windgenerator bezieht.

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